Hallo zusammen,
dann führe ich mal den Chefunterhändler der Föderation ein, Jonas Niedorf.
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Ort : Außenministerium, Paris, Erde
Zeit: 14. März 2416, 10 Uhr vormittags (Ortszeit)
Jonas wartete. Und lächelte, wenn er den Blick der Vorzimmerdame der Außenministerin auf sich spürte, um dieser zu zeigen, das alles gut sei und es ihm nichts ausmachte, hier zu warten. Was nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber er war zu sehr Diplomat, um diesen Fakt offen auszusprechen.
Er blickte aus dem Fenster. Es bot eine Aussicht auf die Altstadt von Paris, mit der im Sonnenlicht funkelnden Seine und die Kirche Notre Dame, auf deren Dächern sich noch die letzten Reste des Schnees vom letzten Winter an ihre schattigen Verstecke klammerten. Es war eine Szenerie, die Begriffe wie 'romantischer Frühlingsanfang in der Stadt der Liebe' provozierte, und auch Jonas kam nicht umhin, die Leistung derer, die diese Gebäude errichtet hatten, zu bewundern, wenn auch aus einem anderen Grund.
Im Grunde war das heutige Paris eine einzige große Lüge. Wie die meisten Städte Europas wurde auch Paris schwer vom dritten Weltkrieg getroffen, und als der Staub sich legte gab es in der Stadt nur noch eine handvoll Gebäude, die überhaupt bewohnbar waren - und romantisch war der Anblick der Ruinen sicherlich nicht. Aber die Franzosen hatten in den folgenden Jahrzehnten alles wieder aufgebaut - Notre Dame, den Louvre, die komplette Altstadt, selbst den komischen Turm. Sie hatten den Fluss und den Boden dekontaminiert, und als das 21. Jahrhundert zu Ende ging hätte man meinen können, das der Krieg nie bis hierher gekommen wäre. Und diese Leistung, diese riesige Kulisse, das war es, was er bewunderte.
Etwas piepste, und die Vorzimmerdame sah auf ihr Display.
"Sie ist jetzt bereit Sie zu empfangen, Monsieur."
//Na endlich.//
Jonas dankte im Stillen dem Herren und erhob sich. Er verbrachte einen Moment damit, seinen Anzug gerade zu rücken, dann lächelte er wieder der Vorzimmerdame zu.
"Vielen Dank, meine Liebe."
Diese nickte und ging zu der schweren doppelflügligen Holztür neben ihrem Schreibtisch und öffnete diese mit einer Leichtigkeit, die ihrem zierlichen Körper nicht zuzutrauen war.
Motoren, erinnerte Jonas sich. Für das Auge mochte das Gebäude des Außenministeriums wie ein Relikt der Präwarpära aussehen, aber unter dem ganzen Kitsch war die modernste Technik verbaut, über die die Föderation verfügte. Noch so ein Bühnentrick.
Er setzte sich in Bewegung und schritt durch die Tür in das angrenzende Büro. Im Vergleich zum Vorzimmer wirkte es fast schlicht: Ein großer (natürlich hölzerner) Schreibtisch, zwei Stühle, ein paar Bilder an den Wänden, Grünpflanzen in den Ecken, ein Teppich mit einem verwirrenden Muster, das alles oder nichts darstellen konnte.
Und hinter dem Tisch saß Josefina Rolon, Ministerin des Auswärtigen. Jonas Vorgesetzte.
Rolon stand auf um ihn zu begrüßen.
"Jonas, ich freue mich, das Sie es so kurzfristig einrichten konnten. Möchten Sie etwas trinken? Und bitte, setzen Sie sich doch."
"Gerne, Madame Ministerin." antwortete Jonas. Ihm waren die Karaffe und die beiden Tassen, die auf einem filigranen Silbertablett am Rande des Schreibtisches standen, natürlich nicht entgangen. Es war ein Spiel der Höflichkeiten, und er hatte nicht vor, es nicht mit zu spielen.
"Ich kam so schnell ich konnte, nachdem Ihre Nachricht mich erreicht hatte." fuhr er fort und nahm auf dem angebotenen Stuhl platz.
Rolon schenkte erst ihm, dann sich selbst etwas in die Tasse, erst dann setzte sie sich und führte ihre Tasse an den Mund. Jonas tat es ihr gleich und trank einen Schluck. Kaffee. Nicht mehr ganz warm, und in der den Franzosen eigenen Unart nicht durch einen Filter gegossen, sondern in der Kanne ausgepresst - er konnte die kleinen Stückchen Kaffeesatz zwischen den Zähnen fühlen, die bei dieser Prozedur unweigerlich in das Getränk hinüber gingen.
"Ausgezeichnet." lobte er.
Rolon sah ihn kritisch an und stellte ihre Tasse weg.
"Ich finde ihn scheußlich." meinte sie. "Ich habe dem Personal schon zig Mal erklärt, das ich einen einfachen, replizierten Kaffee vorziehe, aber Nein, immer wieder kommen sie mit dieser handgepressten Brühe daher."
"Nun, für Sie mag es eine Brühe sein." erwiderte Jonas und drehte die Tasse, um etwas Zeit zu gewinnen. Das war ein _dummer_ Fehler gewesen, er hätte sich besser vorbereiten sollen.
"Aber ich denke, das es für die Pariser mehr ist, als nur eine spezielle Art Kaffee zuzubereiten. Es ist ihre ganz eigene Art, es zu tun. Etwas, das sie ausmacht, worauf sie stolz sind und von dem sie überzeugt sind, das es etwas Besonderes ist. Und das sie Ihnen weiter geben möchten. Ich denke, es ist ihr Glaube, ja, ihre Überzeugung, Ihnen etwas Gutes zu tun, der die Mitarbeiter des Ministeriums dazu bringt, immer wieder diese Art von Kaffee für Sie zuzubereiten."
Der Anflug eines Lächelns glitt über Rolons Gesicht.
"Sie sind gut geworden, Jonas." lobte sie. "Das werden Sie da, wo ich sie hinschicken werde, brauchen."
"Madame?"
"Was wissen Sie über Lwivradi Adai?"
Jonas wägte ab ob dies ein Test sei, aber wenn, dann wusste er nicht, was für einer. Nach kurzem Zögern antwortete er wahrheitsgemäß, wenn auch etwas zurückhaltend.
"Sie ist eine unserer höchstdekorierten Diplomatinnen. Eine Betazoidin. Sie hat mehrere Jahre in der Botschaft auf Cardassia Prime gearbeitet, die Assoziationsverträge mit den Efferdi vorbereitet und die letzten beiden Kithomer-Symposien vor dem Krieg geleitet. Momentan ist sie meines Wissens nach für Verhandlungen mit den Romulanern in der neutralen Zone."
"Das ist richtig. Und das Problem." meinte Rolon und nippte wieder an dem Kaffee.
"Genau gesagt ist das Problem das die Verhandlungen sich hinziehen. Die romulanischen Verhandlungsführer trauen sich nicht weiter über den Weg als sie einen Warbird werfen können, und uns trauen sie auch nicht. Es ist wohl schon als großer Erfolg anzusehen, das die Gespräche überhaupt noch andauern und noch niemand dabei gestorben ist.
Jedenfalls sitzt Botschafterin Adai auf absehbare Zeit in der neutralen Zone fest, was von uns ursprünglich so nicht vorgesehen war und unseren Terminplan durcheinander bringt. Was mich zu Ihnen bringt.
Haben Sie schon etwas von den Kikonen gehört, Jonas?"
Er nickte.
"Ein unabhängiges Volk. Matriarchalische Erbmonarchie. Warpfähig, aber Monoplanetar. Sie pflegen wenige Kontakte zur Außenwelt, sind aber kürzlich auf unserer Seite in den Krieg eingetreten und haben den Klingonen eine Niederlage beigebracht."
"Ich sehe, das Sie den 'frühen Vogel' lesen. Sehr gut. Dann wissen Sie sicherlich auch, das die Kikonen eine Delegation geschickt haben, die diplomatische Beziehungen zur Föderation aufnehmen soll. Die Sternenflotte hat zu diesem Zweck eigens ein Schiff zu einer mobilen Botschaft umgerüstet und sie an Bord genommen. Die ehrenwerte Dame Adai hätte dorthin reisen und sie empfangen sollen, was die Situation in der neutralen Zone verhindert hat."
"Ich kenne das Psychogramm der Kikonen nicht." gestand Jonas. "Aber ich vermute, das sie nicht allzu sehr erfreut darüber waren."
"Nein, das waren sie nicht. Zumal es auf dem Schiff noch weitere Zwischenfälle gegeben haben soll, die die Kikonische Botschafterin in einer Protestnote an mich zusammengefasst hat."
Rolon atmete einmal durch und sprach dann langsam weiter.
"Die Kikonen mögen ein kleines Volk sein, aber sie sind wichtig. Ihre Lage an der randwärtigen Front ist strategisch bedeutsam; sie waren es, die den klingonischen Vormarsch in diesem Gebiet gestoppt haben, auch wenn die Admiralität an diesem Punkt etwas verschnupft reagiert. Sollten sie ihre Bündniswahl überdenken können die Klingonen dort sehr schnell wieder in die Offensive gehen. Darüber hinaus verfügen sie über einige sehr interessante Technologien, auf die die Sternenflotte -und der Feind natürlich auch- nur allzu gerne Zugriff hätte.
Kurzum, wir können es uns nicht leisten, die Kikonen zu verlieren."
"Ich stimme Ihrer Analyse zu, Madame Ministerin." versicherte Jonas.
"Gut. Das ist sehr gut. Denn ich möchte das Sie sich darum kümmern."
"Ich, Madame?"
"Ja. Wie ich bereits sagte, Sie sind gut geworden. Sie haben in den letzten Jahren viel gelernt, und ich habe nur Gutes über Sie gehört. Es ist an der Zeit, Sie auf Ihre erste eigene Mission zu schicken."
Eine Mission, die er nicht bekommen hätte, wenn Adai verfügbar gewesen wäre. Jonas war klar, das er hier nur die zweite Wahl war. Andererseits war er schon die zweite Wahl. Und hinter jemandem wie Lwivradi Adai, die schon Kongresse veranstaltet hatte als er noch zur Schule ging, zu stehen war keine Schande.
"Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Madame Ministerin. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um Sie nicht zu enttäuschen."
"Ich bin mir sicher, das Sie das nicht werden." lächelte Rolon.
"Ich habe Ihnen bereits alles vorbereiten lassen, was Sie an Material benötigen: Psychogramme, Biographien, kulturelle Dossiers, Berichte über den bisherigen Verlauf der diplomatischen Mission, ebenso wie das Protestschreiben und die Stellungnahme des Kapitäns der Odyssee."
"Odyssee? Ist das das Schiff, zu dem ich aufbrechen werde?"
"Nein. Wie ich sagte, die Delegation war nicht zufrieden mit ihrem Aufenthalt auf dem Schiff und möchte es verlassen. Glücklicherweise haben wir noch einen Plan B in der Tasche, auch wenn das Timing nicht das Beste ist. Sie, Jonas, werden nach Midgard fliegen. Das ist eine alte Raumstation, die die Flotte gerade für uns instandsetzt, und die wir als diplomatischen Stützpunkt verwenden wollen - nicht nur für die Kikonen, sondern alle, die in en umliegenden Sektoren leben und daran interessiert sind mit uns Kontakte zu pflegen, aber den weiten Weg zur Erde scheuen.
Tatsächlich hatten wir schon seit längerem geplant, die kikonische Delegation mittelfristig auf diese Station einzuladen; die aktuellen Ereignisse haben dies bloß beschleunigt."
Und dazu geführt, das er nun zu dieser Sternenbasis fliegen würde. Als offizieller Vertreter der Föderation. Das war eine Entwicklung, die er nicht hatte kommen sehen, und kurz fragte er sich, ob es ein Danaer-Geschenk sei. Aber er verwarf den Gedanken wieder - selbst wenn es so wäre, was würde es ändern? Wenn er zu diesem Angebot 'Nein' sagte, dann würde es möglicherweise sehr lange dauern, bis er eine neue Chance bekam. Nein, er würde fliegen - und es wie die Pariser machen: Er würde für die Kikonen eine Kulisse erschaffen, die sie verzaubern und für die Föderation einnehmen würde, und vor der würde er agieren.
Doch bis es so weit war würde er noch viel über dieses Volk lernen müssen.
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Ort : Außenministerium, Paris, Erde
Zeit: 14. März 2416, 10 Uhr vormittags (Ortszeit)
Jonas Niedorf, Mitglied des diplomatischen Corps der Föderation, erhält den Auftrag, zur Station Midgard zu reisen und dort die Föderation und ihre Interessen zu vertreten.
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